Staat Land Frust – Möglichkeiten des selbstbestimmten Lebens

Dieser Text ist die Fortsetzung zu „Warum wir uns nicht auf den Staat verlassen dürfen: Der Fall Lützerath“i und ist noch vor den aktuellen Auseinandersetzung und Diskussionen im Camp enstanden, die auf den Polizeieinsatzii am 24.2.2022 gefolgt sind.

Inhaltswarnung: Polizeigewalt, Tod, staatliche Unterdrückung

 

Wir wollen frei leben, das heißt, dass wir nach unseren Bedürfnissen und Wünschen leben können, ohne dabei anderen zu sagen was sie dürfen oder nicht. Das versuchen wir im Einklang miteinander zu machen indem wir auf die Bedürfnisse und Wünsche aller Rücksicht nehmen und versuchen diese zusammen zubringen. Wir organisieren uns selbst, geben uns unsere eigenen Regeln, die wir gemeinsam erarbeiten. Der Staat hingegen zwingt uns in ein System der Unterdrückung und Gewalt. Wir müssen Leistung erbringen, in der Schule, auf der Arbeit, in der Universität, gegenüber den Lehrenden, der Firma und dem Chef. Der Staat gibt uns keinen Freiraum in dem wir sein können wer wir wollen. Der Staat versucht uns in der Illusion zu halten wir könnten mitbestimmen, was wie geregelt wird, wo die Gesellschaft hin will. Aber das ist kein Versprechen was gehalten wird. Wahlen, Parteien, Gewerkschaften dienen nur dazu uns das Gefühl zu geben, wir könnten selber machtvoll sein wenn wir im Herrschaftssystem nur den richtigen Platz haben. Die Teilhabe an der Macht verhindert aber, dass wir das abschaffen können was wir wollen. Schon Audre Lorde hat gesagt „The Master‘s tool will never dismantle the Master‘s house“ (Die Werkzeuge der Herrschers werden niemals das Haus des Herrschers zerstören können)iii. Gleichberechtigte Mitbestimmung ist eine falsches Versprechen des Staates und des Kapitalismus, welche uns alle und den Planeten ausbeutet und zerstört.

Der Staat achtet nur auf die Dinge die er für wertvoll erachtet. So interessiert den Staat nicht wie es dir geht und was du gerne machen möchtest, sondern nur wie „wertvoll“ du als Arbeitskraft bist um bestehende kapitalistische Verhältnisse zu erhalten.
In Lützerath arbeitet wir stetig an und mit uns, um so aufeinander zu achten. Wir versuchen uns als Individuen mit unterschiedlichen und einzigartigen Bedürfnissen zu sehen. Wir achten uns als Menschen und begegnen uns mit Respekt. Dabei ist egal wie viel du tragen, bauen, schreiben, kreieren kannst. Der Staat hingegen begegnet allem was anders oder kritisch ist mit Unterdrückung und Gewalt. Er lässt keinen Raum für Individualität abseits der kapitalistischen Norm. Wenn wir schon den Kapitalismus abschaffen wollen, warum machen wir dann immer wieder vor dem Staat halt? Wir haben doch schon oft genug gesehen, wie das staatliche geschützte Eigentum den Menschen die Lebensgrundlage entreißt, wie nationalstaatliche Grenzen Menschen töten, wie der Staat komplette Leben strukturiert und von sich vollkommen abhängig macht. Nicht nur der Kapitalismus ist das Problem, sondern auch die staatlichen Verhältnisse, die die Entfremdung zwischen allen Lebewesen immer weiter verfestigen.

Antistaatlichkeit bedeutet, dass wir uns organisieren und unsere eigenen Strukturen nach unseren Bedürfnissen schaffen. Wir versuchen einander zu zuhören und aufeinander ein zugehen. Wir halten Plena ab um Entscheidungen gemeinsam zu treffen ohne dabei Menschen zu übergehen. Wir bauen uns Häuser, wir kümmern uns umeinander und lösen Konflikte selber, wir organisieren unser (eigenes) Essen und organisieren die Zubereitung davon, wir reparieren und schaffen Neues statt ignorant zu zerstören, wir versuchen unserer Beziehungen zueinander zu heilen und wir versuchen dabei Vorurteile und Diskriminierungen abzubauen, wir versuchen keinen (Leistungs-)Druck zu reproduzieren, sondern teilen Verantwortungen und nehmen uns dabei die Zeit die wir brauchen ohne vorgegebenen Takt.

Das kann für viele unglaublich bereichernd sein – es ist traumatisierend in einer Gesellschaft zu leben, in welcher dir dein Wert tagtäglich abgesprochen wird und du die Dinge, die du gerne für dich und andere tun würdest, nicht umsetzen kannst. Gegen den Staat zu sein ist nicht nur eine lächerliche, sinnlose Perspektive, sondern für Menschen, die vom Staat tagtäglich unterdrückt werden, das einzig Mögliche was bleibt.
Wenn wir auf Klimacamps und auf Besetzungen sind, sind alle Strukturen selbst organisiert. Aber warum sollte diese Selbstorganisation, dieses selbstbestimmtes Leben, nur auf diese Orte beschränkt bleiben? Natürlich ist das kein Allheilmittel und es laufen oft Sachen schief oder sind ungerecht verteilt. Aber wir brauchen nicht um Erlaubnis zu fragen um Sachen zu ändern, wir sind nicht gefangen in diesen Strukturen und sie können uns ganz konkret auch das Gefühl geben, dass das was wir uns vorstellen können auch möglich werden kann, wenn wir uns zusammenschließen.
Wir sollten uns von der Vorstellung lösen, dass wir wenn wir Revolution wollen, uns auf den Staat verlassen können. Nicht nur, weil die meisten von uns schon selbst erlebt haben, was es bedeutet, wenn du selbst oder deine Freund*innen staatliche Gewalt erfahren: zum Beispiel rassistische Polizeikontrollen, Polizeigewalt oder im Gericht verurteilt zu werden. Sondern auch, weil der Staat in Hunderten Situationen gezeigt hat, dass er Kontrolle über Freiheit, Unterdrückung über Problemlösungen oder Profit über (ökologische) Gesundheit stellt. Kurz gesagt, der Staat repräsentiert immer das Gegenteil von dem was wir uns unter „befreiter Gesellschaft“ vorstellen.
Du kannst Polizeigewalt nicht netter machen, oder das Gericht viel fairer, warum sollten wir uns damit aufhalten es zu versuchen, wenn wir kreativ genug sind um uns eigene Strukturen aufzubauen? Lasst uns zusammen den Staat unnötig machen, indem wir uns selbst versorgen und uns so umeinander kümmern, wie es keine staatliche Struktur schaffen würde.

Wir sehen auch, dass autonome Unterstützung und Organisierung oft nicht verlässlich ist und es wird gefordert, dass diese vom Staat übernommen wird damit verlässliche Unterstützung da ist (zum Beispiel bei autonomen Gruppen die sich auf Spenden verlassen müssen um Geflüchtete zu unterstützen). Dabei wird der Staat wieder als Wohltäter gesehen, welcher dabei aber nicht alle gerecht unterstützt, sondern dabei auch von sich abhängig macht („du bekommst nur Geld wenn du arbeiten gehst“ / „ich schiebe dich nicht sofort ab wenn du arbeiten gehst“ / „ich tu dir nichts solange du zur Schule gehst“).
Die Beziehung zum Staat ist wie eine gewaltvolle, abhängig machende Beziehung in der du nur Liebe für Gegenleistung bekommst und fast immer sind es eher Schläge als Liebe die wir in der Beziehung zum dem Staat bekommen. Die staatliche bürokratische Organisierung ist verkrustet und voller erniedrigender Bedingungen, sodass es somit unmöglich gemacht wird auf die einzelnen Bedürfnisse einzugehen. Autonome Organisierung kann das erlauben und soll das auch, sodass sie die Alternative zu den toxischen Beziehungen in staatlichen Strukturen darstellt. Besetzungen und langfristige autonome Zonen sind Orte, an denen tagtäglich Revolution gelebt wird. Selbstorganisation bedeutet nicht, dass du alles selber machen musst und für alles die Verantwortung trägst. Im Gegenteil, es bedeutet sich gegenseitig zu helfen, sich zu unterstützen, neues zu lernen und die Strukturen so zu organisieren, dass sie Produktiv sind und wir uns dabei wohl fühlen, sodass die Arbeit die wir in unseren Strukturen machen, gerne machen.
Wir sollten uns davon lösen, Besetzungen bloß als eine radikale Art und Weise zu sehen, den Staat dazu zu bringen das zu machen was wir wollen. Eine Besetzung ist kein Mittel zum Zweck, sondern in Besetzungen kriegen Menschen die Möglichkeiten sich auszuprobieren, wie ein anderes Leben aussehen könnte. Wir müssen dem Staat die Räume klauen und sie uns auch nicht wieder nehmen lassen. Das, was wir hier aufbauen, ist viel zu wertvoll um es einfach aufzugeben. Verteidigen wir unser freies Leben in unseren gemeinsamen Räumen!

 

Als Bewegung innerhalb einer Besetzung keine Forderungen an den Staat zu stellen bedeutet nicht, dass wir keine Vorstellungen haben, wie eine gerechte Zukunft und Gegenwart aussehen könnte. Wir haben alle Ziele, Träume und Wünsche – die sich, wie immer in Gruppen, auch stark voneinander unterscheiden. Wenn sich eine Bewegung unter bestimmten Forderungen vereinen soll, wird die Vielfalt an Positionen und Sichtweisen schon von vorne eingeschränkt. Und: wen wollen wir überhaupt mit unseren Forderungen erreichen? Wenn wir Forderungen an den Staat richten, dann erkennen wir damit auch wieder die Macht des Staates an.iv
Und dass dieser nichts dafür tut, den Klimawandel aufzuhalten, liegt nicht daran, dass er erst dazu gedrängt werden müsste, sondern ein Teil des Problems ist. Ich denke, dass auch die militanteste Aktion nicht das ist, was ich gut finden würde, wenn sie letztendlich nur den Staat dazu bringen will in ihrem Willen zu handeln, anstatt die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Wir können uns dazu entscheiden, dem Staat nicht noch mehr Macht zu zusprechen als er sich selbst zuspricht. Das bedeutet nicht, die grausame staatliche Realität zu ignorieren und sich vollkommen abzuwenden, sondern sie anzuerkennen und genau deswegen sich nicht erneut in eine Bittsteller*innen-Position zu begeben.

Es bringt auch nichts, weniger militant zu sein als mensch gerne sein würde, um damit Cops und Staat nicht zu verärgern. Auch wenn wir viele sind, ist der Staat und die Polizei mächtig und gefährlich. Militante, ignorante, wütende Held*innen zu sein ist genauso scheiße, wie aus Überzeugung das „Richtige“ zu tunmit Cops und Staat zu kooperieren. Wir müssen lernen mit unseren Ängsten vor dem Räumungsversuch, vor staatlicher Gewalt und vor der Klimakrise umzugehen. Es ist verständlich, wenn sich mensch nicht vorstellen kann, gewaltvoll den Räumungsversuch zu stoppen und aus Angst vor Repressionen oder persönlicher Veränderung bestimmte Dinge nicht tun will. Es ist genauso verständlich, dass manche unglaublich wütend sind und andere Vorstellungen haben von dem was sie gerne tun würden. Wir hoffen aber, dass nur wenige ernsthaft davon überzeugt sind, dass die Polizei zu unserem Schutz da ist. Gleichzeitig ist es wichtig, dass wir miteinander sprechen: über kurzfristige Taktiken, wie wir Lützerath verteidigen können, aber auch über langfristige Strategien wie wir mit Staat und Polizei umgehen wollen, und wie wir tatsächlich unabhängiger werden können und Selbstversorgung in jedem Sinne möglich machen können,

 

Wie sollen wir über das nachdenken was in Lützerath gerade passiert?

Lützerath ist ein wichtiger Ort. Zum einen, weil dieser Ort ein Zuhause geworden ist für viele Menschen (und viele kein anderes Zuhause haben), aber auch, weil wir hier etwas aufbauen konnten, dass zeigt, dass Revolution möglich sein kann. Vielleicht ist es deprimierend zu denken, dass ich als einzelner kleiner Mensch ja sowieso nichts erreichen kann. Aber vielleicht ist es auch okay, genau das zu akzeptieren und nicht von sich selbst, einer Gruppe oder einer einzelnen Besetzung zu erwarten, dass sie die Kraft hätte auf einen Schlag alles abzuschaffen gegen was wir kämpfen. Revolution bedeutet nicht, einfach ein Herrschaftssystem durch ein anderes zu ersetzen. Es bedeutet jeden Tag etwas zu lernen, zu verändern und auf einander zu zugehen – und das ist unglaublich anstrengend, wenn es richtig gemacht wird und sich Menschen aufeinander einlassen. Unsere Beziehungen zueinander sind nicht nur die Grundlage für eine Revolution, sie sind die Revolution an sich. Sich miteinander wohl zu fühlen, und Unterdrückungen in unseren Beziehungen zu überwinden, mit den Hierarchien umgehen zu lernen die unser aller Leben formen, und trotz dessen, dass wir gelernt haben und systematisch weh zu tun miteinander zu kämpfen– das ist die eigentliche Revolution um die es geht. Es geht nicht darum, Hierarchien in unseren Beziehungen miteinander zu überwinden, um dann Leute in unsere Projekte miteinzubeziehen, es geht darum, dass wir auch unsere Kämpfe gemeinsam fühlen und kämpfen können (genauso wie oft zu akzeptieren, dass wir nicht auf die selbe Art gemeinsam kämpfen können weil wir Teil des Problems sind und uns auch Kämpfe nicht aneignen sollten). Wir können anerkennen und es feiern, dass wir in einer Gesellschaft alle voneinander abhängig sind, und den Staat als Vermittler und zentrale Steuerung unseres Lebens ablehnen, weil wir ohne ihn unsere Kräfte und Fähigkeiten besser für unsere Bedürfnisse einsetzen können. Wir wollen ein dezentrales Netz an Leuten und Organisationen die füreinander da sind, anstatt den Staat als abhängig machende Organisation die uns erniedrigt und vermeintlich auffängt.
Genauso wollen wir keinen grünen, vom Staat gesteuerten, Kapitalismus, weil wir den Wachstumszwang und die Ausbeutung als Kern des Problems gefunden haben. Also können wir genauso Gründe gegen einen ökologisch angehauchten Staat finden: das Grundproblem des Staates ist die soziale Hierarchie, die Herrschaft über die Menschen und deren Leben. Menschen, Lebewesen, die Umwelt werden als Mittel zum Zweck betrachtet, als etwas was mensch beHerrschen und kontrollieren muss.
Revolution bedeutet, auch das Zusammenleben miteinander als politisch zu betrachten und als nichts, was von oben herab organisiert werden kann, weil damit zwangsläufig Menschen übergangen und nur als Mittel zum Zweck betrachtet werden. Kleine, alltägliche Handlungen können unglaublich revolutionär sein, wenn sie Alternativen zur bestehenden Gesellschaft sind. Es ist revolutionär, wenn jemand bei dir ist und du dich dann traust, sexistischen Menschen die Stirn zu bieten. Es ist revolutionär, wenn du nicht wieder der emotionale Abfalleimer für alle bist, weil Menschen sich gleichberechtigt gegenseitig unterstützen. Es ist revolutionär, wenn eine Abschiebung aufgehalten wird, es ist revolutionär wenn Menschen die Rassismus erfahren zueinander finden, sich nicht mehr alleine fühlen und sich ihre Selbstbestimmung zurückholen.
Es wäre revolutionär, Zonen zu schaffen, wo es keine Polizei gäbe und wo sich Menschen wirklich sicher fühlen könnten. Es wäre revolutionär, Zonen zu schaffen, wo der Staat unser Denken und Handeln nicht mehr beeinflussen kann und wir frei von kapitalistischen Zwängen leben können.
Wir können jetzt eine andere, bessere Gesellschaft innerhalb der Gesellschaft schaffen, die für das systematische Sterben von Lebewesen, Ökosystemen, und dem kompletten Planeten verantwortlich ist – denn Revolution bedeutet, gegen das Sterben zu kämpfen.

Radikale soziale Bewegungen nehmen schon längst Bezug auf anarchistische Konzepte: Bezugsgruppen zu bilden oder die gegenseitige Unterstützung die nicht darauf beruht dass wir uns alle mögen müssen um uns zu helfen, sondern aus der Überzeugung heraus, dass wir nur zusammen Dinge aufbauen können.
Insbesondere in der Klimabewegung gibt es schon Anschluss an viele anarchistische Perspektiven, diese gilt es jetzt weiter auszuformulieren und weitere Schritte zu gehen. Es ist dringend an der Zeit uns als Bewegung weiter zu entwickeln und der immer größer werdenden Zerstörung entsprechende Antworten entgegen zu stellen. Dabei kann Lützerath der richtige Ort sein um diese und andere revolutionäre Perspektiven zu entwickeln.

Für ein autonomes, gerechtes, selbstbestimmtes Leben für alle in Lützerath.

 

i „Warum wir uns nicht auf den Staat verlasse dürfen: Der Fall Lützerath“ ist hier zu finden: https://anarchistsinluetzi.blackblogs.org/2022/02/16/warum-wir-uns-nicht-auf-den-staat-verlassen-durfen-der-fall-lutzerath/

ii „Angriff auf Lützerath am 24.2.2022 und was nun folgen muss“ ist hier zu finden: https://anarchistsinluetzi.blackblogs.org/2022/02/25/angriff-auf-lutzerath-am-24-2-22-und-was-nun-folgen-muss/

iii Der Text zum Zitat von Audre Lorde ist hier zu finden: https://collectiveliberation.org/wp-content/uploads/2013/01/Lorde_The_Masters_Tools.pdf Obwohl Audre Lord als Schwarze lesbische behinderte Feministin der 80er in den USA eine ganz andere Erfahrung hat als die meisten Menschen aus Lützerath, ist die Vorstellung davon, sich nicht den Methoden der Unterdrücker*innen zu bedienen wenn mensch Unterdrückung abschaffen will, etwas sehr wichtiges und inspirierendes.

iv „Warum wir keine Forderungen stellen“ von Crimethinc ist hier zu finden: https://anarchistischebibliothek.org/library/crimethinc-warum-wir-keine-forderungen-stellen

Angriff auf Lützerath am 24.2.22 und was nun folgen muss

Dieser Text wurde von einzelnen Personen verfasst und spricht nicht für die ganze Besetzung und auch nicht für alle Anarchist*innen in Lützerath. In den letzten Tagen wurde von einigen Menschen Kritik gesammelt und an die Person/en weitergegeben, welche den Text geschrieben hat/haben. Die Personen die sich für den Text und den Blog verantwortlich fühlen haben die Kritik angenommen. Die Reflexion über problematische Stellen werden auf diesem Blog öffentlich gemacht werden. Trotz einigen Stellen mit denen einige Menschen sehr unzufrieden sind, bleibt der Text online, da es auch sichtbar gemacht werden muss, wenn Fehler gemacht werden.

 

Als PDF: deutsch, english comming soon

Triggerwarnung: Polizeigewalt, Verletzungen, Erwähnung von Hanau, Sexualisierte Gewal

Die Stimmung war entspannt in Lützerath. Mit einem Urteil zu dem Prozess der Anwohnenden war in den nächsten Tagen nicht zu rechnen. Das Gericht kündigte an, eine Entscheidung frühestens im März fällen zu können. Am Wochenende fegte ein Sturm durch das Rheinland, zerstörte hier und da etwas und wirbelte viel Unordnung auf. Eigentlich sympathisch. Es standen also viele Aufräum- und Reparaturarbeiten an; endlich konnten Menschen mal wieder raus in die Sonne.
Dazu kam noch, dass sich am Samstag der rechtsextreme Anschlag in Hanau zum zweiten mal jährte. (Solidarität mit allen BIPoC! – Feuer und Flamme dem rassistischem System!)

Es lagen viele Emotionen und Frust in den letzten Tagen in der Luft, Menschen versuchten zu regenerieren nach dem zähen Winter.

 

Viele blicken nach vorn und wollen die letzten Monate und ihre Belastungen zur Vergangenheit machen (Ja, wir meinen euch beide, ihr scheiß übergriffigen Macker! Wagt euch her und ihr werdet nirgendwo mehr hingehen!). Es wurden Prozesse angestoßen, wie die nächsten Wochen in Lützerath aussehen könnten und was wir hier schaffen wollen. Ein hoffnungsvoller Blick – auch für uns – wo wir doch viel zu kritisieren haben und oft in Pessimismus verfallen. Doch wir sollten von diesem sonnigen, (trotz Wind und Kälte) heißen Donnerstag aufgeweckt werden:

Einige Securitys kamen in den frühen Morgenstunden auf die grandiose Idee, ZWEI Spaziergänger*innen im Tagebauvorfeld1 festzusetzen. Diese hatten wohl dafür gesorgt, dass die zerstörerischste Maschine Deutschlands für ein paar Minuten stehen bleiben musste. Menschen waren schon dutzende Male im Tagebauvorfeld spazieren und nie hat es so einen Ärger produziert.
So riefen die Securitys dieses mal die Cops. Bis diese mit zwei Streifen ankamen, konnte eine der Personen, die festgehalten wurde, durch einige mutige Gefährt*innen befreit werden!

Sobald die weiteren Streifen da waren, gestaltete sich die Situation schwieriger und die Angst vor den Cops war für die meisten zu groß, um einen erneuten Versuch zu wagen. So wurde die gefangene Person emotional unterstützt und ihr die EA Nummer mitgeteilt. Immer mehr Menschen fanden sich auf dem Wall ein. Die Cops wurden nervöser und forderten – nachdem Steine auf ihre Autos flogen – wohl sehr panisch Unterstützung an: „Wir brauchen Unterstützung. Die bringen uns sonst hier um.“
Die Angst kann die Seite wechseln, das müssen wir uns immer wieder klar machen!

Derweil bauten Menschen überall, wo mehr Cops hätten kommen können, kleine Barrikaden auf. Dann tauchte nach 20 Minuten auch die angeforderte Unterstützung an der Bushaltestelle auf. Zwei dutzend Menschen stellten sich diesen in den Weg und deckten die ersten Wagen mit Steinen ein, sodass diese umdrehten, um sich umzuziehen und zu formieren. Wenige Minuten später kamen dann 30 Riot-Cops angefahren, die von den Aktivist*innen zuerst zurückgehalten wurden und die ein oder andere Flasche oder Steine kassierten. Erst als weitere Unterstützung kam und die Zahl der Cops auf etwa 70 anstieg, trauten sie sich, uns anzugreifen. Menschen verteilten sich hinter der Barrikaden, in den Bäumen und Büschen. Die Situation entspannte sich und an eine Befreiung der gefangenen Personen war jetzt nicht mehr zu denken, da diese von 20 Securitys und 30 Riot-Cops bewacht wurde.

Die Angst hat an diesem Tag die Seiten gewechselt – das macht uns Hoffnung und gibt uns Kraft für die kommenden Kämpfe. So waren die Cops in fast jeder Situation unsicher und trauten sich erst mit deutlicher Überzahl und massig Riot-Schildern Menschen anzugreifen. Und immer, wenn sie sich vor wagten, wehrten sich die Menschen, verbarrikadierten sich und warfen umliegende Sachen auf die Cops. Im Laufe der Auseinandersetzungen wurden vier weitere Personen gewaltsam festgenommen und mit in die Gesa2 genommen. Die meisten sind wieder frei, eine Person ist im Krankenhaus. Viel Kraft und Liebe für die nächsten Tage – ihr seid nicht allein!

Mittags war dann die Luft raus als immer mehr Einheiten ankamen und zwei Räumpanzer auftauchten. Die Überzahl der Cops hat uns dann gezwungen, zu pausieren und das Geschehen „nur“ noch kritisch zu beobachten. Dabei wurde den Cops klar gemacht, was für lächerliche Gestalten sie sind, wenn sie einen Räumpanzer brauchen, um zwei (!) Bauzäune aus dem Weg zu schaffen oder sie sich im Schlamm fest fahren.

Wir kümmerten uns umeinander und sammelten Energie, falls sie doch noch versuchen würden, in die Häuser oder auf das Camp zu kommen. Währenddessen machten sich die Cops daran, alle Barrikaden und einige Strukturen an den Ortseingängen zu zerstören. Dabei wurden sie von Klettercops, Technischen Einheiten, RWE und dem THW³ unterstützt. THW… wir haben den Danni nicht vergessen und wissen euch nun als Feind und Ziel!

Die Cops zogen gegen 16:00 ab. Dann konnten wir durchatmen, das Erlebte besprechen und verarbeiten. Es ist nun an der Zeit, aus diesem Tag zu lernen, unsere Strategie zu erneuern und die Barrikaden doppelt und dreifach so gut wieder aufzubauen. Dafür brauchen wir aber Material und Unterstützung – egal ob Snacks und Kuchen oder Zement und Stahl.

Wir wollen die ZAD Rheinland zur autonomen Zone machen, die wir verteidigen können. Auf dass die Cops sich nicht mehr hier rein trauen! Das schaffen wir gerade aber nicht alleine; wir haben viel emotionale Arbeit vor uns. Wir brauchen euch jetzt hier – eure Hände, euer Wissen und eure Herzen. Daher ist jetzt die Zeit. Wenn ihr könnt, kommt nach Lützerath – erzählt euren Freund*innen von dem Ort, seid teil der Revolution hier und lasst uns viele verschiedene Kämpfe hier verbinden. Lützerath ist anders, vielleicht mit einer strategisch ungünstigen Lage. Doch wir haben hier vier besetzte Häuser, eine Menge Strukturen und viele Leute, die das „Sich-räumen-lassen“ satt haben und wütend sind. Wir wollen endlich Kämpfe gewinnen. Auf dass die Angst die Seite dauerhaft wechselt und sie sich nicht her trauen!

From Lützerath to Hanau:

FIRE TO THE POLICE! NO JUSTICE – NO PEACE!

Solidarity greetings to our comrades in Russia and Ukraine! No war but classwar!

An dieser Stellen wollen wir explizit FLINTA*s und BIPoC einladen. Ihr seid hier herzlich willkommen und wir wollen die Kämpfe mit euch als Geschwister führen und miteinander leben!
PATRIARCHY, WE WILL CRUSH YOU BY THE THROAT!

Anarchist*innen aus Lützerath am Morgen des 25.2.22

¹ Bereich nahe der Abbruchkante des Tagebaus; „Eigentum“ von RWE; abgetrennt durch einen niedrigen Erdwall
² Gefangenensammelstelle, meist in Polizeiwachen
³ Technisches Hilfswerk

Warum wir uns nicht auf den Staat verlassen dürfen: Der Fall Lützerath

Es ist kalt im Rheinland. Wir haben Anfang Januar, der Winter ist da und die Kälte zehrt seit Wochen an den Kräften.1 In wenigen Tagen ist es Vollmond und der Nebel hängt tief über Lützerath. Aber die Nächte sind still, zu still. Es schlafen noch alle und es ist ruhig, es dauert noch bis die Sonne da ist und die Zeit fürs Frühstück kommt, aber ein Geräusch lässt mich nicht zur Ruhe kommen… Die Grube töst und brummt so laut wie selten zu hören ist. Denn es regnet heute Nacht nicht und es ist auch kein Wind in dem Baumkronen zu sehen.
Also geh ich die wenigen Meter zum Wall und rüber zur Grube. Ich schaue mich um ob ich die Scheinwerfer der Security Autos erspähen kann. Nichts zu sehen, also geh ich bis auf wenige Meter an den Rand der Mine. Ich kenne den Anblick, aber er lässt mich jedes mal erstarren. Anders als einige es erwarten würden ist es nicht leblos und leer dort unten. Es erstrahlen hunderte Lichter, hauptsächlich gelb. Es ist laut. Maschinen um Maschinen agieren zusammen als eine zerstörerischen Einheit. Weit unter mir liegt der Kern der Gewalt, welcher jetzt erst richtig sichtbar ist. Denn wenn es hell ist sehen wir zwar bei jedem Sonnenaufgang die Schatten der Bagger an der Kante der Mine, wie sie einige Dutzend Meter entfernt die Erde umwälzen und mit ihren Auto-großen Schaufel Unmengen an Erde zerschlagen.
Es ist sehr surreal, es fühlt sich nicht so an als wäre ich noch auf der Erde, sondern als wäre ich in einer dystopischen Geschichte gefangen. Der Anblick wirkt für mich wie eine Basis auf einem fremden Planeten. All das durch getaktete „Funktionieren“ da unten wirkt sehr befremdlich. Immer das gleiche. Immer zur gleichen Zeit. Immer wieder, immer wieder… Die Mine scheint zu leben, denn sie arbeitet ohne Pause und bewegt sich langsam aber tötend weiter.
Ich bleibe noch einige Minuten stehen, ich will mich nicht setzen oder länger hier bleiben. Mir wird immer wieder bewusst, warum ich in Lützerath bin, wenn ich hier stehe. Die Zerstörung des Kapitalismus ist so enorm, dass ich sie schwierig in Worte fassen kann. Hier manifestiert sie sich in der Form einer riesigen Mine, die seit Jahrzehnten durch die Landschaft wandert.
Der Weg zurück zum Camp ist schwerer als der Hinweg, es fühlt sich so an als wäre etwas großes erdrückendes hinter mir her. Nicht das es mich einholen will, eher dass es mich verfolgt. Wie ein zu schwerer Rucksack, der mich zu Boden drücken will. Wenige Stunden später geht die Sonne über der Mine auf, der Nebel verflüchtigt sich langsam. Der morgendliche Frost glänzt im Sonnenschein, dabei fängt er langsam an zu schmelzen. Es tropft von den Bäumen und den Strukturen. Menschen stehen zum Frühstück an. Und die ersten Plena und Arbeiten fangen an. Leben! Das Dorf und die Natur hier lebt. Noch.

 

Und nun? Wieder ein normaler Tag in Lützerath? Die gleichen Gespräche, die gleichen Bauprojekte? Ich kann es schon lange nicht mehr sehen, weiter in diesem System von elitärem, privilegiertem Aktivismus gegen Wände zu rennen. Ich will endlich ausbrechen. Was neues, besseres schaffen. Alles niederreißen und was neues aufbauen. Ich will alles verändern. Aber wo sind die Gefährt*innen mit denen ich nicht immer wieder aufs Neue die gleichen Diskussionen führen muss. Die ich liebe, die mich lieben. Denen ich blind vertrauen kann, die mir blind vertrauen. Die genau wie ich nur noch die Angst vor den kommenden Aufständen kennen, aber keinen Respekt mehr vor Cops, Staat und Kapitalismus haben. Denn ich will keine Aufstände, ich will nichts anzünden, ich will nicht zurück schlagen. Ich will mit allen Menschen in Frieden leben. Ich will das wir alle Hippies sind. Aber das wird leider nicht passieren…

An anderer Stelle werden FLINTA*s2 oder BIPoCs3 unterdrückt, ausgegrenzt oder sogar ermordet. Ich bin davon nicht direkt betroffen, da ich weiß und mit männlichen Privilegien sozialisiert wurde, welches ich beides versuche abzulegen. Ich fühle mich aber bei diesen und anderen Themen verantwortlich und es erdrückt mich emotional jedes mal wenn diese Sachen mir begegnen. Ich will all das bekämpfen, das Patriarchat, den Antisemitismus und Rassismus zerschlagen. Die Grenzen einreißen. Die Jobcenter und Copsstationen in Wohnraum für Wohnungslose verwandeln…
Es ist schwierig, all diese Sachen sind schwierig, überall, aber auch in Lützerath. Denn es ist keineswegs so, als wäre Lützerath die Utopie, frei von all dem Scheiß der mich aus der konservativen Gesellschaft vertrieben hat. Ich bin geflüchtet aus meinem Leben dort und tue es jedes mal wieder wenn ich dann doch mal in die Stadt muss. Aber wohin flüchte ich?

Hier gibt es viele gute Prozesse, aber auch viele die nicht bedacht und nicht angegangen werden. Wir stecken fest, die Klimabewegung steht an einem wichtigem Punkt. Sie bezeichnet sich gerne als Klimagerechtigkeitsbewegung. Aber wo ist denn die Gerechtigkeit? Reicht es aus die Kämpfe die wir führen intersektional4 und global zu denken und hier und da mal eine Solidaritätsaktion für Menschen in Ländern, welche durch die Klimakrise sterben, zu machen?
Mal wieder einen sexistischen oder rassistischen Überriff aufzuarbeiten, dabei aber nicht die Ursache zu bekämpfen. FLINTA*s werden dann wieder traumatisiert. Die cis endo5 Männern verfallen dann in Selbstmitleid, machen dann mal barmherzig doch eine Reproschicht und ändern dann doch wieder nichts. Alles wie immer…
Oder wie sieht es mit dem sogenanntem „system change“ (deutsch: Systemwandel) aus? Reicht es aus wenn wir antikapitalistisch denken, Essen aus den Mülltonnen der Supermärkte retten oder hier und da mal was klauen, was wir sonst nicht kaufen könnten? Ich glaube nicht. Wir müssen uns von den Fesseln des Kapitalismus lösen. Dabei müssen wir zu aller erst anerkennen, dass wir den Klimawandel nicht aufhalten können, er ist schon da. Wir können nur alles dafür geben, dass es nicht schlimmer wird. (siehe readdesert.org) Danach müssen wir unsere antikapitalistische Denkweise auch anfangen in die Tat umzusetzen: Der Kapitalismus wird durch den Staat aufrecht erhalten. Sind wir also antistaatlich! Immer, überall und vor allem auch in Lützerath, denn der Kampf dort ist so wichtig und richtungweisend.

 

Und so kommen wir zum Thema. Immer wieder ersticke ich in Diskussionen in denen ich mir jedes mal aufs neue anhören muss warum es wichtig ist den laufenden Prozess der Anwohnenden aus Lützerath gewinnen zu müssen. Dafür muss alles getan werden. Schöne Pressefotos und sympathische Videos. Lützerath muss freundlich wirken und bürgernah erscheinen. Es darf auf keinen Fall aussehen als würden hier nur sogenannte Linksautonome leben die nur Krawall wollen. Weg mit den ACAT5 Bannern… Klar sind die Menschen hier für einen „system change“, die Meisten aber natürlich nur in einem passendem Rahmen bitte. Dieser soll nicht über Klagen, Petitionen, Demos, zivilem Ungehorsam oder dem „sich räumen lassen“ hinaus gehen. Das bedeutet also „system change“ heißt hier innerhalb der Möglichkeiten, die in einem Staat mit repräsentativer/repressiver Demokratie halt möglich sind, zu agieren? Und damit dieser Weg funktioniert wir alles versucht sich an dieses zerstörerische, unterdrückende System anzubiedern. Cops werden nicht weggeschickt sondern auf Kaffee eingeladen und die Barrikaden werden nicht geschlossen wenn Cops zum Quatschen kommen. Es wird versucht mit Klagen das schlimmste zu verhindern oder im aktuellen Fall eher zu verschieben; bitte lieber Staat mach das Dorf doch nicht kaputt, es ist doch so schön und wir müssen doch Klimaschutz machen…

Auf das Gericht zu hoffen, dass es uns „rettet“ ist ein Weg der immer, auf die eine oder andere Weise, in einer Sackgasse endet. Die Herrschenden6 werden uns immer nur so viel geben um uns ruhig zu stellen, dass wir mit dem Happen den sie uns geben zufrieden sind. Aber das System was all diese toxischen, tödlichen Probleme schafft und unsere Umwelt zerstört, wird sich immer versuchen am Leben zu halten und niemals aufhören mehr und mehr zu Profit machen zu wollen. Das System der Ausbeutung wird sich nicht selbst abschaffen.
Wie unsere Gefährt*innen aus Wuppertal/Osterholz schrieben7:

Aber hey, auch wenn wir die Bemühungen von Anwohner*innen begrüßen auf alle ebenen für den Erhalt vom Osterholz Wald zu kämpfen, wir halten eh nichts von ein Rechtssystem, das nur dazu da ist, den bestehende Verhältnisse zu zementieren.
Verhältnisse die, ohne Rücksicht auf Verluste, unsere Lebensgrundlage zerstören.“

Es wird uns niemals gelingen das herrschende System abzuschaffen, wenn wir es nicht schaffen uns von ihm zu lösen, wenn wir nicht aufhören mit ihm zu interagieren. Das bedeutet das wir nicht auf Gerichte warten oder den Staat um etwas bitten oder auf Politiker vertrauen können. Wir müssen unsere eigenen Strukturen schaffen und diese offensiv verteidigen.8 Wir müssen uns lösen von dem was uns immer wieder zurück zieht in unsere Sozialisierung der konservativen Gesellschaft. Lassen wir die Strukturen in den Städten, die uns immer wieder aufhalten, hinter uns, sie sind zu toxisch um eine revolutionäre, progressive Bewegung zu starten. Wir müssen uns von all den Diskriminierungen lösen und uns kritisch hinterfragen, reflektieren und weiter entwickeln.

So gern ich euch einen Leitfaden dafür geben würde. Es gibt ihn nicht und es wird ihn auch nie geben. Denn dieser Wandel, der uns von Staat, Kapitalismus und Unterdrückung befreit ist einer, den wir nur gemeinsam in einem Lernprozess begehen können. Wir werden dabei Streiten und uns intensiv austauschen müssen. Wir werden viel Kraft brauchen und dafür müssen wir solidarisch miteinander sein. Lasst uns also mutig sein, werfen wir alles was wir haben in den Topf und schauen was raus kommt, es kann nur besser werden als es jetzt ist. Umarmt euch!

Wagen wir den Schritt und scheißen auf Staat, Politik, Cops, Gerichte oder die sogenannte öffentliche Meinung. Sie werden uns nie helfen die Welt zu verändern, denn sie wollen ihre Macht und Profit um jeden Preis erhalten. Last uns nicht weiter zuschauen wie sie Tote in kauf nehmen… Machen wir Lützerath zu einer echten Grenze, die wir auch umsetzen können und zwar eine Grenze für das System Kapitalismus!

Heute wird einiges passieren im Dorf und das ist gut so. Und nein ich rede nicht von einer riesigen Struktur, die hochgezogen wird und auch nicht der Kram der auf der FFF Bühne passiert, vermeintliche Sprecher:innen einer Bewegung im glitzernden Kameralicht… Haut ab!

Nein ich mein was am anderen Ende dieser Straße passiert. Zu lange war der Hof neben dem Haus der Unbekannten in der Hand von RWE. In den letzten Tagen haben wir uns getroffen, geplant und geträumt: eine FLINTA*-Aktion braucht das Dorf war das Ergebnis. Und heute dann treffen sich verschiedene Teams an verschiedenen Stellen und werden sich den Hof nehmen, daran hab ich keinen Zweifel, denn wir sind Mutig und unsere Herzen schlagen im gleichen Takt zusammen. Wir werden klettern und rennen. Wir werden schnell und entschlossen sein. Ich freue mich schon auf die verdutzen Gesichter der Cops, wenn ein weiteres Haus besetzt wurde. Das Dorf gehört uns! RWE und Cops raus aus Lützerath!
Und wir haben hier noch viel mehr vor, das ist erst der Anfang, da bin ich mir sicher! Machen wir unsere Träume wahr…

Bijî berxwedana Lützerath !


i see that you are hurting i see that you’ve been beaten
i see they cut you deep into your very existence
if you need to take some time
if you need to get away
we can all work together to find somewhere warm and dry to stay
cause this will never be safe
and this will never be easy
and we will need to call our parents to let them know we’re still breathing
but if we hold each other near every step of the way
then maybe it’ll be better, maybe it will be better

so lets tell each other that we love them whenever we can
lets keep each other safe as we possibly can
be careful keep quiet most important of all
dont push the ones you love far enough for them to fall
cause when we fall we cant stick together
and we have to stick together
cistem failure released December 14, 2015

 

1) Kälte ist relativ. Wenn ich über Kälte rede ist diese nichts gegenüber dem was die Menschen an der polnisch-belarusischen Grenze durch machen. Ich kann und will mir nicht vorstellen was Kälte und das ewige frieren mit den Menschen dort macht.
Solidarität mit allen Menschen die aufgrund von Grenzen leiden. Alle Grenzen abschaffen!

2) FLINTA steht für Frauen, Lesben, inter, nicht-binäre, trans und agender Menschen. Dies umfasst einen Großteil des vom Patriarchat unterdrückten und betroffenen Menschen. Diese Gruppen sind oft von toxisch (männlicher), geschlechtlich orientierteroder anderer Gewalt betroffen.
Informiert euch weiter über den umfassenden Sammelbegriff FLINTA, wir können hier keine umfassende Aufarbeitung dazu leisten. Checkt beispielweise: UNTER PALMEN oder AS:IM…

3) BIPoC steht für Black and Indigenous People of Colour, deutsch: Schwarze, Indigene und Menschen die nicht weiß sind und somit unter dem Rassismus der Gesellschaft leiden und an vielen Stellen, wie auch in der sogenannten linken Szene, massiv unterdrückt werden und starke Gewalt erfahren.

4) Intersektionalität ist ein Konzept von Kimberlé Crenshaw und bedeutet „sich überschneiden“. Es beschreibt wenn Menschen von verschiedenen Diskriminierungen betroffen sind. So sind Schwarze trans* Frauen zum Beispiel intersektional betroffen, weil sie von Sexismus, Trans*feindlichkeit und Rassismus betroffen sind, anstatt zum Beispiel nur von Sexismus.

5) cis geschlechtlich steht für Menschen, die sich mit dem, bei ihrer Geburt zugeschriebenen Geschlecht identifizieren. Endo-geschlechtlich ist das Gegenteil von inter-geschlechtlich und bedeutet, dass eine endo-geschlechtliche Person mit ihrem Körper in eine eindeutige medizinische Norm von männlich beziehungsweise weiblichen Körpern passt.

6) ACAT: all cops are targets (deutsch: alle Polizisten sind Ziele), wird als alternative zu ACAB genutzt, da das Wort Bastard einen christlichen und sexistischen Hintergrund hat. Siehe dazu: rotehilfegreifswald.blogsport.de/2012/12/13/warum-a-c-a-b-scheisse-ist/
ACAB: all cops are bastards (deutsch: alle Polizisten sind Bastarde)

7) Herrschenden sind in unsrem Verständnis Menschen die vom Kapitalismus profitieren und ihre Macht gegenüber anderen Menschen ausüben und diese ausbeuten, sowie Politiker die nicht für Menschen sondern für Lobby- und Privatinteressen agieren.

8) jederbaumzaehlt.noblogs.org/post/2022/01/11/vorbereitungen-auf-allen-seiten/

9) Leseempfehlung für alle, aber besonders für Menschen die sich auf Lützerath beziehen:
Wohin gehen wir und was wollen wir eigentlich? – Über die Klimabewegung und wo sie hin kommen kann
hausderunbekannten.blackblogs.org/2022/01/22/wohin-gehen-wir-und-was-wollen-wir-eigentlich/