Dem Staat und den Cops keine Macht geben: Warum wir vom Räumungsversuch sprechen müssen

Veröffentlicht von einer Einzelperson aus dem Anarchists in Lützerath Kollektiv. Zuerst veröffentlicht auf Indaymedia am 31.1.22

Cops und Aktivist:innen im Danni

(English version as PDF at the bottom. Write us per Mail if you want to translate the text to other languages.)

In Waldbesetzungen oder wie hier, im Kontext der Klimabewegung, in der Besetzung des Dorfes Lützerath wird immer wieder von DER Räumung gesprochen. In der Form, dass die Räumung ein Ereignis sei, welches nicht zu verhindern sei und sowieso passieren wird, außer irgendein Gericht, also der Staat, verschiebt die Zerstörung etwas. Wir gehen in die Besetzungen mit der Absicht am Ende geräumt zu werden, dabei physischen und mentalen Schaden zu erleiden. (1
Wenn wir aber in die Besetzungen schauen, dann können wir sehen, dass keine große Vorbereitung auf den Stress und die Gewalt einer Räumung, stattfindet. In den Besetzungen passiert mehr oder weniger immer das gleiche: zu hohe Ansprüche, falsche Prioritätensetzung, keine Achtsamkeit auf einander. Grenzen, Bedürfnisse und Ängste werden nicht beachtet und nicht thematisiert. Dadurch brennen die Menschen schon während ihrer Zeit in der Besetzung aus. Wenn dann die Cops mit all ihrer Technik und ihren Kapazitäten ankommen, gibt es keine Gegenwehr und die Menschen vor Ort denken meist gar nicht daran sich aktiv zu wehren. Dadurch gehen immer mehr Leute kaputt. Das führt momentan dazu, dass wir immer mehr Leute verlieren und diese nicht mehr in der Lage sind in der nächsten Besetzung zu leben, weil sie von der letzten traumatisiert sind.
Lasst uns daher vom Räumungsversuch sprechen und die Verhältnisse ändern!

 

Fangen wir an dem Staat und den Cops wenn sie uns angreifen nicht die Macht zugestehen welche sie sich selbst zu schreiben und wir ihnen bis jetzt gewähren. Wenn die Cops im Lützerath aufmarschieren und unser Zuhause, die Natur und das Dorf zerschlagen wollen, dann müssen wir anfangen uns zu wehren – „defend Lützerath“ (deutsch: verteidigt Lützerath) steht auf vielen Bannern. Lassen wir nicht zu, dass sie ohne Gegenwehr an unsere Strukturen und Häuser kommen, Menschen in Lock-Ons oder auf Baumhäusern misshandeln und in Gefängnisse sperren. Verlagern wir die Kämpfe um die Besetzungen weg von unseren Strukturen, auf das sie diese nie erreichen werden.
Wir müssen als Klimabewegung mit unseren Verbündeten weg kommen von dem „sich in den Weg stellen“ um zu protestieren. Wir müssen den Glauben daran verlieren, dass wenn wir nur viele sind, die sich in den Weg stellen, beim Staat ein Umdenken stattfindet. Der Staat wird uns immer als Gefahr und Feinde sehen. Jegliche Forderung an den Staat wird erlischen, in Spaltungen oder in einem schlechten Kompromiss enden.
Hören wir also auf mit dem Staat zu interagieren und wehren wir uns!

 

Die Cops haben zuletzt den Osterholz Wald angegriffen und geräumt. Und in einigen Wochen kommen sie nach Lützerath um uns anzugreifen, unsere Freiräume und Träume zu zerstören. Lassen wir den Osterholzwald die letzte Räumung sein. Fangen wir an jeden Angriff der Cops auf uns in einem gescheiterten Versuch uns zu räumen enden zu lassen. Geben wir ihnen nicht diese psychische Stärke über uns. Wenn wir anfangen vom Räumungsversuch zu sprechen, statt von der eh feststehenden Räumung, dann können wir einen Prozess starten, der uns ermöglicht die Verhältnisse neu zu analysieren und zu verändern.
Wir sind stärker als wir glauben. Wir müssen diese Stärke nur erst entdecken. Lasst uns dafür auch in andere Länder und andere ZADs (2 schauen. Wenn wir viele sind und uns mit allen Mitteln wehren hält uns nichts auf.
Unsere Freiräume werden wir verteidigen und neu aufbauen. Unsere Träume werden nur stärker mit jedem Angriff des Staates. Und unser Wille gemeinsam mit unseren Gefährt*innen zu revoltieren wird unaufhaltsam. Sie werden kommen und VERSUCHEN uns zu räumen, zu misshandeln, festzunehmen und einzusperren, egal was wir machen.
Sollen sie kommen, wir werden uns vorbereiten und ihnen nichts außer unseren Hass geben! Wir werden alles dafür tun, damit ihr Angriff scheitert und wir bleiben und weiter kämpfen können.
Sie sollen zitternd abziehen wenn sie mit ihrem Räumungsversuch gescheitert sind!

 

Bijî berxwedana Lützerath !

Anarchist:innen aus Lützerath, 31. Januar 2022

Text als PDF, deutsch: Räumungsversuch

Text as PDF, english: Räumungsversuch_en

1 Wohin gehen wir und was wollen wir eigentlich? – Über die Klimabewegung und wo sie hin kommen kann
https://hausderunbekannten.blackblogs.org/wp-content/uploads/sites/1876/2022/01/Wohin-gehen-wir-und-was-wollen-wir-eigentlich.pdf

2 ZAD: zone à défendre, französich: zu verteidigendes Gebiet

Wohin gehen wir und waswollen wir eigentlich? Über die Klimabewegung und wo sie hin kommen kann

(English version as PDF at the bottom. Write us per Mail if you want to translate the text to other languages.)

Ursprünglich am 31.12.21 veröffentlich auf Indymedia von Anarchist:innen aus Lützerath. Verbessert nach dem das Haus der Unbekannten auf einige grobe Fehler gemacht hat.

Die Schreibenden machen darauf aufmerksam, dass die Klimabewegung sich an vielen Stellen weiterentwickeln muss, dass neue Strategien und Mittel ausprobiert werden müssen, damit wir erfolgreich sein können:

Anfangen müssen wir bei uns selbst, egal ob in Lützerath oder an anderen Orten. Lasst uns herausfinden, wer wir sind, wer wir sein wollen und wo wir hin wollen. Lasst uns unsere Privilegien hinterfragen, solidarisch, aber konsequent. Lasst uns über unsere Diskriminierungen, die wir ausüben oder reproduzieren, sprechen und vergessen wir nicht, dabei uns selbst immer wieder zu kritisieren und gemeinsam einen solidarischen Weg zu gehen, um alle Diskriminierungen abzubauen. Wir wünschen uns, dass Lützerath, aber auch alle anderen Orte, einladender für alle Menschen werden, denn der Kampf um das Klima ist wie jeder andere soziale Kampf einer, den wir nur gemeinsam gewinnen können!

Auch plädieren sie für offensivere Verteidigung unserer Besetzungen:

Eine ZAD ist nach unserem
Verständnis eine autonome Zone, in der Staat, Cops und Kapitalismus keinen Einfluss mehr auf
unser Leben und Denken haben. Und das ist das Wichtigste und Größte, was wir uns in der
Klimakrise erarbeiten können – Freiheit, Solidarität, Gerechtigkeit.

Daher müssen wir unsere Strategien ändern und unsere Mittel radikalisieren. Schlagen wir zurück
und gehen in die Offensive. Lasst uns dabei aber nicht übermütig werden und darauf achten, dass
wir alle gesund und ohne Repression nach Hause kommen. Jedes nach den eigenen Kapazitäten und
Fähigkeiten!

 

Ihr findet den Text hier: https://hausderunbekannten.blackblogs.org/2022/01/22/wohin-gehen-wir-und-was-wollen-wir-eigentlich/

Oder als PDF auf deutsch: Wohin_gehen_wir_und_was_wollen_wir_eigentlich

oder auf englisch: Where-are-we-heading-to-and-what-do-we-actually-want_