Die Rede wurde für eine Veranstaltung von der Prachttomate Berlin Gemeinschaft am 3.11. geschrieben. Wir wollen sie auch hier zur Verfügung stellen und freuen uns wenn sie an andere Stelle auch benutzt wird: Rede Berlin
Diese Rede wurde von dem Anarchists in Lützerath Kollektiv geschrieben. (Und wird hier von einer Person die nicht zum Kollektiv gehört vorgetragen – danke)
Wir sind ein kleiner Zusammenschluss von Anarchist*innen in der ZAD Rheinland und kämpfen hier gegen die Klimakrise. ZAD bedeutet aus dem Französischen übersetzt „zu verteidigendes Gebiet“. Die ZAD Rheinland ist ein Gebiet am westlichen Rand vom Braunkohletagebau Garzweiler 2. Lützerath ist ein Teil der ZAD und ein kleines Dorf direkt an der Kante, welches diesen Herbst von Cops und RWE zerstört werden soll.
Kriege und Krise um Krise zeichnen unsere Zeit. Kriegstreiber wie Russland und die Türkei oder Klima-, Corona- und nun Energiekrise bestimmen unser Leben. Krisen die wir nicht haben wollten und hauptsächlich von der autoritären Politik und den Konzernen erzeugt werden. Lohnarbeit die oft physische und psychische Ausbeutung darstellt. Preiserhöhungen oder neue Gesetze, die das Leben vieler immer schwieriger machen. Kriegerische Bedrohungen und Angriffe gegen unsere kurdischen Freunde in Kurdistan. All das dürfen wir uns nicht weiter gefallen lassen.
Und so haben wir uns vor einem Jahr dazu entschieden in Lützrath zu leben und hier gegen die Zerstörung der Region und die weitere Nutzung der immens umweltschädlichen Braunkohle zu agieren. Aufklärung und Organisierung von unten gestalten unseren Alltag. Kundgebungen und Demos, aber auch militante Aktionen und Sabotage spiegeln unseren Widerstand dar.
Dieser Kampf spitzt sich nun zu: vor 3 Wochen wurden die letzten Menschen aus dem Nachbarort Immerath vertrieben und die Bäume sowie Häuser dort vernichtet, sodass das Dorf dort nun einem Ödland gleicht. Und in wenigen Wochen will RWE unterstützt von Tausenden Cops unser Zuhause angreifen, uns vertreiben und auch Lützerath zerstören, um hier noch mehr Braunkohle aus dem Boden zu holen. Wir sind verdammt wütend!
Inflationen und damit steigende Preise, die Gasumlage, falsche Versprechen für einen günstigen öffentlichen Nahverkehr oder ein neues geschöntes Arbeitslosengeld 2. In der aktuellen Krise sehen wir, wie diese mal wieder, auf den Kosten der Menschen getragen wird, die meistens eh schon viele Probleme haben und kämpfen müssen um über die Runden zu kommen. Was bringt ein 49€ Ticket um durch das ganze Land zu fahren, wenn kein Geld für Unterkunft und Essen mehr übrig bleibt? Auch eine kleine Erhöhung und Umbenennung von Hartz 4 ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Das Brot bleibt trocken, das Wasser kalt.
Die Preise müssen runter! Der öffentliche Nahverkehr, genauso wie kulturelle Veranstaltungen müssen kostenlos sein, damit ein gesundes soziales Zusammenleben für alle ermöglicht wird. Die Mieten müssen auf ein realistisches und kostendeckendes Level gesenkt werden.
Seit hunderten Jahren leiden Menschen in der ganzen Welt unter weißer Vorherrschaft und Kolonialismus, die beides Antreiber der Klimakatastrophe sind. In Deutschland befinden wir uns dort, wo die neokoloniale Zerstörung einen ihrer Ursprünge hat. Gegen die Klimakatastrophe zu kämpfen, bedeutet nicht, für unsere Zukunft zu kämpfen, sondern dafür in der Gegenwart überleben zu können. Dabei werden diese Kämpfe schon seit Jahrhunderten im globalen Süden geführt. Dort verlieren jetzt jeden Tag Menschen ihr Zuhause, leiden Hunger oder sterben an den Folgen der Erderwärmung – organisieren sich aber international und Kämpfen in Dörfern und Städten für eine gerechte Umwelt. Dabei ist die Revolution der Zapatistas nur eins von vielen Beispielen.
Daher muss unser Antwort auf jede Krise intersektional sein. Wir müssen Kämpfe verbinden, auch wenn sie eine*n im ersten Moment nicht betreffen. So kämpfen wir in Lützerath gegen die Kohlemine von den Verbrechern von RWE, mit Einwohner*innen vor Ort, aber auch mit internationalistischem Anspruch. Denn es geht um viel mehr, als nur die paar Häuser zu retten, sondern darum ein gerechteres Leben möglich zu machen..
Aber wir stellen uns auch gegen Staaten und das kapitalistische Ausbeutungssystem, indem wir hier mit meist um die 100 Menschen leben und eine Form von gesellschaftlichem Zusammenleben organisieren indem wir Entscheidungen gemeinsam, basisdemokratisch und von unten treffen.
Wir alle, egal wo wir herkommen oder welchen Kampf wir führen, müssen uns zusammenschließen. Nur dann erschaffen wir eine soziale Bewegung, welche die kapitalistische Grundordnung ins Wanken bringen kann. Denn der Kapitalismus und die Politik der Staaten werden immer mehr und immer häufiger Krisen produzieren. Und dabei werden sie immer wieder versuchen diese Krisen auf unsere Kosten auszutragen. Organisieren wir uns also von unten, sodass alle unsere Bedürfnisse wahr genommen werden.
Kämpfen wir gemeinsam für ein besseres Leben in dem keine Menschen mehr ausgebeutet werden!